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Maria Sibylla Merian - Forschung

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Wie Maria Sibylla Merian forschte und zu ihren Erkenntnissen kam

Maria Sybilla Merian war eine sehr genaue Beobachterin der Natur. Das hatte sie schon dadurch gelernt, dass sie in der Blumenmalerei ausgebildet worden war. Und sie konnte ihre Beobachtungen sehr genau in Zeichnungen umsetzen. Sie forschte immer in der Umgebung, in der sie gerade lebte: zunächst in Frankfurt, dann in Nürnberg, wieder in Frankfurt, dann in Westfriesland und schließlich in Amsterdam bis sie zu einer Forschungsreise nach Surinam in Südamerika aufbrach.
Umwandlung von Ei, Raupe und Puppe in einen Schmetterling, auf einer Bananenstaude, von der sich die Raupe ernährtAls Ziel ihrer Reise beschrieb Merian in der Einleitung ihres Surinambuches, dass sie zwar die tropischen Insekten in den Sammlungen der Amsterdamer Bürger gesehen habe, „aber so, dass dort ihr Ursprung und ihre Fortpflanzung fehlten, das heißt, wie sie sich aus Raupen [...] in Puppen [...] und so weiter verwandeln. Das alles hat mich dazu angeregt, eine große und teure Reise zu unternehmen und nach Surinam zu fahren [...] um dort meine Beobachtungen fortzusetzen.“

In Surinam lebten Maria Sibylla Merian und ihre Tochter in der Hauptstadt Paramaribo. Von dort aus unternahmen sie mehrere Exkursionen in die Umgebung, auch eine Expedition in den tropischen Regenwald, die sicherlich vor 300 Jahren sehr gefährlich und anstrengend war. In ihrem Surinambuch beschrieb sie den Regenwald: „Der Wald ist so dicht mit Disteln und Dornen verwachsen, dass ich meine Sklaven mit Beilen in der Hand vorwegschicken musste, damit sie für mich eine Öffnung hackten, um einigermaßen hindurchzukommen, was doch ziemlich beschwerlich war.“ Trotz allem sammelten und zeichneten die beiden Frauen und notierten ihre Beobachtungen. Sie brachten zahlreiche präparierte, also tote und haltbar gemachte Insekten, Reptilien und natürlich Beschreibungen und Zeichnungen von ihrer Forschungsreise mit zurück. 


Wie Maria Sibylla Merian zu ihrem Forschungsgegenstand kam

Ein Bruder von Maria Sibyllas Stiefvater züchtete Seidenraupen. Das war damals üblich, da Frankfurt ein wichtiger Handelsplatz für Seide war. Bei diesem Onkel sah sie mit 13 Jahren aufmerksam zu, wie sich eine Raupe verpuppte. Damit war ihr naturwissenschaftliches Interesse geweckt. Sie nahm einige Seidenraupen mit nach Hause, pflegte und beobachtete sie. Sie zeichnete und beschrieb die Entwicklungsstufen der Seidenraupe. Auf Feldern und Wiesen sammelte Maria Sibylla andere Raupenarten, bewahrte sie in Schachteln und Dosen auf, beobachtete und zeichnete sie mit Wasserfarben auf Pergament (das ist eine besonders bearbeitete, dünne Tierhaut). So erkannte sie, dass Schmetterlinge die Entwicklungsstufen vom Ei über die Raupe und Puppe zum Falter durchlaufen.  Entwicklung des Seidenspinners, Kupferstich von Georg Flegel

Auch nachdem Maria Sybilla Merian verheiratet und mit ihrem Ehemann und Kind nach Nürnberg gezogen war, blieb sie neben der künstlerischen Tätigkeit bei ihrer Forschung. Sie sammelte weiterhin Raupen aus der näheren Umgebung und machte ihre Aufzeichnungen dazu. Außerdem machte sie tote Schmetterlinge haltbar und legte sich so eine Sammlung an, mit der sie weiterarbeiten konnte.


Wie Maria Sibylla Merian ihre Erkenntnisse dokumentierte

Buchtitel von Merians "Der Raupen wunderbare Verwandlung und sonderbare Blumennahrung"1679 erschien das Raupenbuch, hier dokumentierte Maria Sibylla Merian, was sie durch ihre nun fast zwanzigjährigen wissenschaftlichen Studien herausgefunden hatte: nämlich, dass Insekten verschiedene Entwicklungsstufen durchlaufen. Das Buch mit dem Titel „Der Raupen wunderbare Verwandlung und sonderbare Blumennahrung“, enthält 50 Kupferstiche mit (meist) je zwei Seiten Text in deutscher Sprache. Das war zu dieser Zeit sehr ungewöhnlich, weil die meisten wissenschaftlichen Bücher in Latein geschrieben waren. In diesem Buch sind aber nicht nur Raupen und Schmetterlinge abgebildet, sondern Insekten in all ihren Entwicklungsstufen und - das ist das Besondere und Neue an dem Werk von Maria Sibylla Merian - mit deren Futterpflanze. Das heißt, dass auf jedem Blatt ein kleiner Lebensraum dargestellt wird. 1683 veröffentlichte sie den „anderen Theil“ des Raupenbuchs.

Kupferstich aus dem Surinam-Buch

Als sie bei der Glaubensgemeinschaft auf Schloss Waltha lebte, begann sie ihre bisherige Forschungsarbeit zu sichten und neu zu ordnen. Sie legte ein Studienbuch an, das sie bis zu ihrem Lebensende weiterführte.

Als sie nach Amsterdam umgezogen war, zeichnete sie für den geplanten dritten Teil des Raupenbuchs, der aber erst nach dem Tod von Maria Sibylla Merian im Jahre 1717 von ihrer Tochter Dorothea veröffentlicht wurde.

1705 erschien ihr Surinambuch mit dem Titel „Metamorphosis Insectorum Surinamensium“. in niederländischer und lateinischer Sprache. Der Band mit 60 Kupferstichen und einer Größe von 70 x 50 cm gilt als ihr Hauptwerk und machte sie in der ganzen Welt berühmt.

1717, kurz bevor Maria Sibylla Merian starb, bekam sie Besuch aus Russland, vom Arzt von Zar Peter dem Großen. Er kaufte ihr das Studienbuch, zahlreiche Aquarelle und kolorierte Kupferstiche ab. Auch nach dem Tod von Maria Sibylla Merian kaufte Zar Peter der Große noch Werke von ihr. Diese werden heute im Archiv und in der Bibliothek des Botanischen Instituts der Russischen Akademie in Sankt Petersburg aufbewahrt.


Wie die Erkenntnisse von Maria Sibylla Merian weiterentwickelt wurden und welche Bedeutung ihre Forschung heute hat

Maria Sibylla Merians künstlerische und wissenschaftliche Arbeit wurde zu der Zeit, als sie lebte sehr geschätzt. Später war sie nur noch bei einigen Gelehrten und Sammlern bekannt. Ihr wichtigstes Buch „Metamorphosis Insectorum Surinamensium“ verschwand in den Bibliotheken einiger Universitäten. Es gab zwar Nachdrucke ihrer Bücher, deren Qualität war aber meist schlecht. Sie machten wenig von der Besonderheit ihrer Arbeiten sichtbar. Erst im 20. Jahrhundert wurde das Werk von Maria Sibylla Merian in großen Kunstausstellungen wiederentdeckt und die Betrachte*innen waren und sind von ihren sehr genauen Drucken und Zeichnungen fasziniert. Und es entstand wieder ein Interesse an ihren Büchern, die mittlerweile sehr gut nachgedruckt worden sind.

Schmetterling (Urania leilus) aus der Sammlung von Johann Christian Gerning, ursprünglich evtl. aus Merians Sammlung (Museum Wiesbaden)Den wichtigsten Teil von Merians Schmetterlingssammlung bekamen der Frankfurter Sammler und Bankier Johann Christian Gerning (1745–1802) und dessen Sohn Johann Isaak von Gerning (1767–1837). Mit ihr wurde ungefähr 100 Jahre später der naturkundliche Teil des Museums Wiesbaden gegründet.  Die sehr gut erhaltenen Exemplare aus der Sammlung Merians benutzen Wissenschaftler*innen des Museums noch heute als Referenzobjekte für ihre Forschungen. Bei solchen Referenzobjekten, beispielsweise einem Schmetterling, sind das spezielle Aussehen und die Eigenschaften sehr deutlich ausgeprägt. Sie beschreiben die jeweilige Art so genau, dass man sie als Beispiel nehmen kann, wenn man einen anderen Schmetterling bestimmen will. Wenn dieser genau gleich ist, gehört er zur selben Art, unterscheidet er sich in seinen Merkmalen, gehört er nicht dazu.

Insektenforscherin des Senckenberg-Instituts im Urwald von Madagaskar mit Insektenfallen (Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, Fabian Schmidt)Auch die Art und Weise, wie Maria Sibylla Merian zu ihren Erkenntnissen kam, ist noch immer aktuell. Auch heute machen Wissenschaftler/innen von Forschungsinstituten große Expeditionsreisen in ferne Länder. Sie müssen dort die Natur genauestens beobachten, um die Lebensweise von Insekten, Spinnen oder anderen Lebewesen zu erkunden und zu studieren. Natürlich benutzen sie andere, moderne, digitale Methoden, um ihre Ergebnisse festzuhalten. Auf solchen Reisen werden immer wieder bisher unbekannte Arten gefunden. So hat ein Spinnenforscher in einem Zeitraum von etwas mehr als 10 Jahren ungefähr 300 neue Spinnenarten entdeckt. 


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