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Georg Fresenius - Forschung

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Wie Georg Fresenius forschte und zu seinen Erkenntnissen kam

Das Beispiel „Scharfer Hahnenfuß“ zeigt, wie eine Pflanzenart in dem System der Lebewesen eingeordnet istGeorg Fresenius hatte verschiedene Möglichkeiten zu Erkenntnissen über Pflanzen zu kommen, die sein hauptsächlicher Forschungsgegenstand waren. Er konnte sie direkt in der Natur untersuchen. Oft war er in der Umgebung von Frankfurt unterwegs und hielt Ausschau nach Pflanzen, die ihn interessierten, beispielsweise weil sie noch unbekannt waren. Er beschrieb ihren Standort, ihr Aussehen und sammelte sie.  Danach konnte er festlegen, zu welcher Art sie gehören. Eine Art ist neben dem gleichen oder ähnlichen Aussehen hauptsächlich dadurch bestimmt, dass die Pflanzen sich untereinander vermehren können und dadurch, wie sie das tun. Jede Art gehört zu einer Gattung, diese zu einer Familie, diese zu einer Klasse, diese zu einer Abteilung und diese zu einem Reich. Mit jeder der Stufen werden die gemeinsamen Eigenschaften geringer und allgemeiner. Diese Form der Einteilung aller Lebewesen heißt Taxonomie (griechisch für Ordnung und Gesetz).

 

Ein Herbariumsblatt zeigt viele Pflanzenteile: Blätter, Blüten, Stängel und Samen, hier eine Glockenblume, Campanula illinoensis Fresen., (Herbarium Senckenbergianum Frankfurt/M. (FR-0231324))

Zur Pflanzenbestimmung konnte Georg Fresenius schon bestehende Sammlungen nutzen, zum Beispiel das „Herbarium Senckenbergianum“, das es schon seit 1817 gab. In einem Herbarium befinden sich Pflanzen, die gepresst und dadurch getrocknet und haltbar gemacht wurden. Jede Pflanze ist auf einem eigenen Blatt befestigt. Daneben sind der Sammler, Name der Art und Gattung, Datum, Fundort und Umgebung aufgeschrieben. Fresenius konnte seine frisch gesammelten Pflanzen mit denen des Herbariums vergleichen und so überprüfen, welche Pflanzenart er gefunden hatte. Dies war besonders hilfreich, wenn eine genaue Bestimmung schwierig war; oder er eine bestimmte Pflanze in einer Umgebung gepflückt hatte, wo sie sonst nicht wuchs; oder er sogar eine ganz neue, also noch nicht beschriebene und eingeordnete Art entdeckt hatte.

Die verschiedenen Bereiche des Botanischen Gartens sind 1770 deutlich voneinander abgegrenzt

Da Georg Fresenius schon als junger Mann Leiter des Botanischen Gartens war, hatte er noch eine weitere Forschungsmöglichkeit. Er konnte sich mit den Heil- und heimischen Pflanzen, die dort schon lange wuchsen, beschäftigen, zum Beispiel mit verschiedenen Minze-Arten, die zu den Heilpflanzen zählten. In Zusammenarbeit mit anderen Botanischen Gärten erweiterte er außerdem den Pflanzenbestand des Frankfurter Gartens ständig.

Ab 1832 gab er Samenkataloge heraus. Sie enthielten vor allem Seltenheiten und waren für den Austausch untereinander bestimmt. Darin beschrieb er auch neue Arten. Zum Beispiel nordamerikanische Pflanzen, die er aus Samen gezogen hatte. Diese hatte er von seinem dorthin ausgewanderten Studienfreund geschickt bekommen.

Die Erkenntnisse über solche fremden, exotischen Pflanzen konnte Fresenius erweitern, indem er die botanische Sammlung von Eduard Rüppell nutzte. Dieser hatte sie von seiner ersten Afrikareise (Ägypten und Sudan) in den Jahren 1822‒1827 mitgebracht und der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft geschenkt.

Algen sind einfache Lebewesen, haben trotzdem unterschiedlichste Farben und Formen, (Brockhaus Konversationslexikon Berlin und Wien, 1894–1896)Ab den 1840er Jahren beschäftigte sich Georg Fresenius immer weniger mit Blütenpflanzen. Sein Interesse galt zunehmend den Algen, die entwicklungsgeschichtlich viel mehr als drei Milliarden Jahre alt sein können. Algen zählen zwar zu den einfachen Organismen, sind aber die größten Sauerstofferzeuger und bilden so die Grundlage für die Entstehung allen tierischen Lebens. Um ihren Aufbau und ihre Funktionsweise studieren zu können, musste Fresenius sie mit dem Mikroskop vergrößern. Deshalb war es nur logisch, dass er einen Mikroskopischen Verein mitgründete, wo man die Erfahrungen mit dieser Forschungsmethode austauschen konnte. Das Mikroskop aus Messing und Stahl, ausgestattet mit vergrößernden Linsen, wurde um 1840 von der Firma S. Plössl in Wien hergestellt (Sammlung und Foto: Prof. Dr. Timo Mappes, www.musoptin.com)

Wie Georg Fresenius zu seinem Forschungsgegenstand kam

Allgemeines Interesse an Pflanzen hatte Georg Fresenius schon als Jugendlicher, allmählich wurden seine Interessen aber immer spezieller. In den frühen Jahren seiner wissenschaftlichen Arbeit galt seine Aufmerksamkeit vor allem den Blütenpflanzen. Das Besondere an diesen ist, dass sie Staub- und Fruchtblätter besitzen, Samen bilden und sich so vermehren. Zunächst befasste Fresenius sich hauptsächlich mit der Gattung der Minze-Pflanzen.

Minzen-Gewächse waren das erste große Forschungsgebiet des Studenten Georg FreseniusGerade einmal 19 Jahre alt, schrieb er mehrere Aufsätze über einige ihrer Arten, zum Beispiel über Pulegium, Preslia und Lycopus. So heißen diese Pflanzen in lateinischer Sprache. Latein wird in der Botanik verwendet, damit man sie ganz eindeutig zuordnen und sich mit Fachkollegen auf der ganzen Welt austauschen kann. Im Lauf der Jahre verlagerte sich das Forschungs-Interesse von Georg Fresenius. Er wurde zu einem ausgesprochenen Kenner der Algen, die zu dieser Zeit eigentlich niemand besonders beachtete. Er studierte diese faszinierenden Organismen ausgiebig. Während Millionen von Jahren entwickelten sich aus den zunächst noch einzelligen Algen vielzellige Arten mit unterschiedlichsten Farben, Formen und Größen. Alles was sie zum Leben brauchen sind Licht, Kohlendioxid und Wasser, oder wenigstens Feuchtigkeit.

Die Fliege ist von dem Krankheitserreger Entomophthora befallen, der Pilz wächst auf ihrem Rücken (Wikipedia commons Hans Hillewaert)Noch zahlreicher und bedeutender sind Fresenius‘ Arbeiten über Pilze, zum Beispiel über Entomophthora, einen Krankheitserreger, der Fliegen befällt. Studien über versteinerte Pilze aus den Braunkohlen der Wetterau ergänzten diesen Forschungsschwerpunkt. Solche Fossilien sind mindestens 10.000 Jahre alt, oft aber Millionen von Jahren. Man kann sagen, dass Georg Fresenius durch seinen Forschungsgegenstand immer weiter in die erdgeschichtliche Entwicklung zurückgeführt wurde.


Wie Georg Fresenius seine Erkenntnisse dokumentierte

Leindotters (Artname: Camelina alyssum), Fundort von Fresenius beschrieben: am neuen Wirthshaus hinter Offenbach, Habitat: auf Leinäckern (Herbarium Senckenbergianum Frankfurt/M. (FR-0090346))Georg Fresenius nutzte verschiedene Möglichkeiten, um seine Forschungsergebnisse festzuhalten. Zum einen legte er Sammlungen von den Blütenpflanzen, Algen und Pilzen an, die er erforscht hatte. Diese Herbarien sind sehr anschaulich, weil sie aus echten, haltbar gemachten Pflanzen bestehen und alle wichtigen Informationen enthalten.  Um weitere Erkenntnisse zu gewinnen, lassen sie sich gut mit bereits bestehenden Herbarien oder auch frisch gepflückten Pflanzen vergleichen. Außerdem sind Herbarien sehr beständig, das älteste in Europa ist mehr als 450 Jahre. Dies bedeutet, dass sie von unterschiedlichen Generationen von Forscher*innen mit neuen Fragestellungen und Methoden immer wieder untersucht werden können.

Wie viele andere Wissenschaftler dokumentierte Fresenius seine Arbeitsergebnisse auch in Büchern und Artikeln für Zeitschriften.

Schon im April und Juli 1827, im Alter von 18 Jahren, veröffentlichte er in der „Flora“ seine erste Arbeit über Minze-Gewächse. Hier konnte er allerdings die Notizen seines erfahrenen Kollegen Johannes Becker verwenden. 1828 und 1829 folgten weitere Artikel zu diesem Thema.

Fresenius schrieb für Interessierte zur Pflanzenbestimmung dieses Buch,1832Mit 24 Jahren schrieb Fresenius dann das „Taschenbuch zum Gebrauch auf botanischen Excursionen in der Umgegend von Frankfurt a. M.“, das in zwei Teilen 1832 und 1833 herauskam.  Zu jeder Pflanzenart gab es eine Beschreibung und den Hinweis auf eine Abbildung. Alle Standorte der Pflanzen waren „nach eigener Erfahrung angegeben oder von zuverlässigen Kennern mitgetheilt“.

Später war er Herausgeber und Redakteur der „Abhandlungen der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft“, die ab 1854 erschienen. Auch über seine späteren Forschungen zu Algen und Pilzen berichtete er in zahlreichen Artikeln. 

Hier veröffetlichte Fresenius seine Forschungsergebnisse (Museum of Comparative Zoology, Ernst Mayr Library, Harvard University)Mit seinen vielen Veröffentlichungen dokumentierte Fresenius nicht nur seine Forschung sondern machte sich auch bei Fachkollegen bekannt. Nach seinem ersten Aufsatz wurde er schon mit 19 Jahren als „correspondirendes Mitglied“ in die Königlich Bayerische Botanische Gesellschaft zu Regensburg aufgenommen. Ab September 1829 nahm er regelmäßig an den Versammlungen deutscher Naturforscher und Ärzte teil. Hier konnte er seine Kenntnisse weitergeben und sie durch die Erfahrungen der anderen Wissenschaftler vertiefen. Der Austausch mit Kollegen aus anderen Botanischen Gärten sorgte ebenfalls dafür, dass sein Pflanzen-Wissen erhalten blieb. Fresenius ließ auch die Lernenden an seinen Forschungen teilhaben. Deshalb veröffentlichte er 1840 ein Handbuch der Botanik für Studenten, die seine Vorlesungen besuchten.


Wie die Erkenntnisse von Georg Fresenius weiterentwickelt wurden und welche Bedeutung seine Forschung heute hat

Auch Jahre später bekommen Herbariums-Blätter neue Vermerke, oder werden mit neuen Methoden untersucht, Herbarium Senckenbergianum Frankfurt/M. (FR-0231324))Von Georg Fresenius erhalten ist bis heute das Herbarium mit den von ihm gesammelten und bestimmten Blütenpflanzen. Seine Söhne schenkten es 1876 der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft. Dort befindet es sich immer noch und ist Teil von insgesamt 1,2 Millionen Blättern. Dieses große Herbarium, das fünftgrößte in Deutschland, ist für die internationale botanische Forschung und den Austausch unter Wissenschaftler*innen von großer Bedeutung. 

Im Senckenbergischen Herbarium befinden sich 7.000 Belege für verschiedene Algen, dazu zählen auch die von Fresenius erforschten Arten. Seine Erkenntnisse über diese Organismengruppe sind ebenfalls bis heute interessant. Gerade in den letzten Jahren sind sie besonders wertvoll geworden: für die sogenannte Bioökonomie. Algen könnten nämlich ein Rohstoff der Zukunft werden und dabei helfen, das Erdöl ersetzen.Bei zu vielen Nährstoffe im Wasser, wachsen Algen sehr schnell und bilden Algenteppiche

Erdöl wird in riesigen Mengen verbraucht, zum Beispiel von der chemischen Industrie für die Herstellung von Kunststoffen, Arzneimitteln, Kleidung oder Spielzeug sowie als Treibstoff und zum Heizen. Die Verbrennung des Erdöls ist besonders problematisch, weil dabei in großen Mengen Kohlendioxid entsteht und in die Luft geblasen wird. Dieses Gas ist hauptsächlich verantwortlich für die Klimaerwärmung, die für alle Lebewesen auf der Erde gefährlich ist.

 

In riesigen Anlagen wird Erdöl aus dem Böden gepumpt

Deshalb ist es dringend nötig, dass andere umweltfreundliche Rohstoffe entwickelt werden. Dazu zählen die Algen. Sie können als Energiequelle genutzt werden, zur Wärmeerzeugung und als Kraftstoff. Das Öl bestimmter Algenarten könnte beispielsweise den Flugzeugtreibstoff Kerosin ersetzen. Aber Algen können noch viel mehr. Sie können Plastikersatz sein oder zu Kosmetika, Nahrungsmitteln, Kleidung oder Medikamenten verarbeitet werden. Das Faszinierende an den Algen ist, dass sie nicht viel zum Leben brauchen: Wasser, Licht und Mineralstoffe. Sie wachsen schnell und ständig nach. Bis zu zehn Millionen Tonnen Algen werden jedes Jahr aus den Ozeanen gefischt. Aber man kann sie auch an Land in Algenreaktoren züchten, was bereits an einigen Orten in Deutschland geschieht. 

Ein Algenreaktor besteht aus einem großen Röhrensystem, in dem Algen in Wasser mit Nährstoffen, Licht und Kohlendioxid gezüchtet werden.Sicherlich hat Georg Fresenius bei seiner Algen-Forschung noch nicht an Bioökonomie gedacht, die nachwachsende biologische Quellen wie Pflanzen, Tiere und Kleinstlebewesen als Rohstoffe nutzt. Aber er hat mit seinem speziellen Interesse Grundlagen geschaffen und damit zur Entwicklung dieser Art ökonomischen Denkens beigetragen.


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